Wintersemester 2014/2015, Kunsthalle

Blicke / Glances

Das Projekt "Blicke / Glances" steht in Verbindung mit dem gleichnamigen fachgebietsübergreifenden Seminar (siehe Lehrangebot WS 2014/15).

Beginn: 5.9.2014 / Ende: 31.5.2015

Eine Teilnahme ist noch möglich, Anmeldung unter jas@kh-berlin.de erbeten.

 

Mit der Frage, welche Verbindung Geflüchtete zwischen den unterschiedlichen Orten der KW und der Notunterkunft herstellen und wie ein Kontakt aussehen könnte, machen sich Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Erwachsene aus der Notunterkunft in Alt-Moabit und externe Künstler_innen sowie Studierende gemeinsam auf den Weg. Erkundet wird die Verbindung von der Unterkunft über das Brandenburger Tor bis zu den KW und den dort laufenden Ausstellungen. Alle Interessierten der Notunterkunft sind zu den Workshops eingeladen und gestalten ihren Ablauf mit. Interessierte unter den Geflüchteten können selbst Workshops leiten. Die sich wiederholende Grundstruktur bilden der Weg von der Notunterkunft in Alt-Moabit 82B über das Brandenburger Tor in die KW in der Auguststraße 69 sowie der Besuch der dort laufenden Ausstellungen. Gemeinsam erkunden die Teilnehmenden diesen Weg Schritt für Schritt. Ihre Blicke, Wahrnehmungen und Eindrücke können sie in künstlerischen Prozessen sammeln, ordnen, um- und neugestalten und zeigen.

 

Mit verschiedensten Fundstücken des Weges und der Ausstellung soll so eine Materialsammlung entstehen, die jede der Teilnehmer_innen in einem eigenen Album ver- und bearbeiten kann. Das Album wird so zum Archiv der Spuren von Handlungen, Ereignissen und Begegnungen. Es steht für ein migrierendes Gedächtnis und ist gleichzeitig ein portatives Museum. Dies ist auch im Zusammenhang mit der ungewissen Aufenthaltsdauer der Teilnehmenden von Bedeutung. So sind die Alben, die alle Beteiligten einander zum Abschluss des Projektes im Mai 2015 präsentieren können – Bindeglieder und vermittelnde Informationsträger für neu Hinzukommende. Zusätzlich ist der Print einer professionellen Dokumentation geplant, welcher die einzelnen Arbeitsschritte zeigt und die entstandenen Alben vorstellt.

 

In dem gleichnamigen Seminar Blicke / Glances der Weißensee Kunsthochschule Berlin sind Durchführende und Teilnehmende mit Studierenden zu einem Erfahrungsaustausch eingeladen, der in seinem Zentrum die Reflexion des eigenen Handelns hat. Begriffe wie Critical Whiteness und Othering werden erarbeitet und ihre Relevanz in Bezug auf das eigene künstlerisch-gestalterische Handeln in der Gruppe untersucht.

 

BLICKE / GLANCES thematisiert Aspekte der Identität und Heimat bewusst nicht. Die Teilnehmer_innen der Workshops sollen vielmehr die Möglichkeit erhalten, ihre Gegenwart in Berlin ausgehend von ihrem Blick darauf, selbst zu erfinden und sich im Hier und Jetzt zu positionieren. Jeder Schritt der gemeinsamen Arbeit bedeutet eine Intervention im öffentlichen Raum. Von der Busfahrt mit dem TXL über den Spaziergang Unter den Linden bis hin zu dem gemeinsamen Auftritt in den Ausstellungen, verändern die Bewegungen der Gruppe eingefahrene Wahrnehmungen des Berliner Alltags. Die Arbeit in den Workshops steht zum einen im Kontext zu der Ausstellung der Künstlerin Kate Cooper in den KW. Die diesjährige Gewinnerin des Kunstpreises der Schering Stiftung untersucht nicht nur Formen der Online-Selbstinszenierung und die Entstehung unterschiedlicher Formen von „agency“, sondern aktiviert und inszeniert sie durch ihre künstlerische Praxis.

 

So können die Fundstücke und Untersuchungen der Workshops auf der Touristenmeile Berlins in direkter Relation zu den Inszenierungen Coopers gesetzt werden. Auch entwickeln die Teilnehmenden ihre eigenen Inszenierungen in den Ausstellungsräumen. Zum anderen können sich Bezugspunkte zu den Arbeiten Ryan Trecartins bilden – im Sinne einer Neuerfindung der Gegenwart. Der amerikanische Künstler produziert in seiner Ausstellung in den KW neue, ortsspezifische Arbeiten, die gängige Betrachtungserlebnisse hinterfragen Seine Filme bilden eine performative Plattform für ein Ensemble hyperintensiver Charaktere, die fremdartig sind und uns gleichzeitig bekannt erscheinen. Im Ausstellungskontext sind skulpturale Environments der Austragungsort für Narrationen, die zusammen mit den Filmen entstanden sind und die Betrachter_innen in eine Struktur platzieren, die zwischen multiplen Wahrnehmungsrealitäten oszilliert. Diese Struktur eröffnet Handlungen und Inszenierungen einen eigenen und neuen Raum.

 

Die Alben sind hier unter anderem auch eine Einladung zum Notizenmachen. Als künstliches Ensemble von Elementen mit einer zufälligen und situationsbedingten Ordnung ermöglichen sie es, Gewebe von Fragmenten in nicht linearer Weise zu gestalten. Desorganisiert, splitternd, pluralistisch thematisiert das Album den Blick der Macher_in als ein Dazwischen-Sein – experimentelle Verknüpfungen zwischen den verschiedenen Orten entstehen lassend.

 

 

 

 

 

 

Künstlerische Leitung - Mona Jas / Künstlerische Leitung der Workshops - Magdalena Beger, Lina Phyllis Falkner, Rabi Georges (angefragt), Mona Jas, Gregor Kasper, Anna Romanowska, Julia Schramm, Nele Urbanowicz, Jodie Zbinden (angefragt) / Partner_innen Kulturinstitution - Gabriele Horn (Direktorin), Ellen Blumenstein (Chefkuratorin), Nina Mende (Assistenzkuratorin), Adela Yawitz (kuratorische Assistenz) / Partner_in Notunterkunft - Kirstin Frohnapfel, Sozialarbeiterin Notunterkunft Alt-Moabit / Teilnehmer_innen - Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Erwachsene, Bewohner_innen der Notunterkunft Alt-Moabit

 

Kurze Darstellung der Kooperationspartner / Die KW Institute for Contemporary Art sind ein Ort der Produktion und Präsentation zeitgenössischer Kunst in Berlin-Mitte, an dem Fragen unserer Gegenwart formuliert und diskutiert werden. Die Notunterkunft in Moabit ist von der ASB Nothilfe Berlin gGmbH seit September 2013 für Flüchtlinge geöffnet. In ihr finden 150 Menschen Platz. Die Bewohner_innen sollen höchstens drei Monate hier verweilen – manche bleiben länger – aber in jedem Fall nicht dauerhaft. Derzeit leben hier ca. 150 Bewohner_innen, davon 60 Kinder und Jugendliche aus Bosnien, Serbien, Turkmenistan, Russland, Syrien, Pakistan.

 

Berlin Mondiale

Flüchtlinge & Kulturinstitutionen: Zusammenarbeit in den Künsten

Berlin Mondiale ist ein Projekt des Rates für die Künste Berlin in Kooperation mit dem Kulturnetzwerk Neukölln e.V. Mit beratender Unterstützung des Flüchtlingsrat Berlin e.V. Gefördert im Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung.

Teilnehmer Magdalena Beger, Lina Phyllis Falkner, Ariane Bothe, Anna Romanowska
Betreuung Prof. Dr. Mona Jas
ProjektkategorieSemesterprojekt
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