Wintersemester 2011/12,

Durchbrochene Flächen

Spitze als Kartografie des Tanzes

 

Meine Diplomarbeit geht primär auf mein Interesse am traditionellen Spitzenhandwerk, speziell an der Klöppelspitze, zurück und meinen Wunsch, diese Technik zu erlernen.

 

Die Motivation bestand darin, selbst herauszufinden, wie komplex und aufwendig es ist, ein Gewebe anzufertigen, welches in der Lage ist, ganz ohne zusätzliches Trägermaterial zu „existieren“. Dieser „offene“ Charakter prägt alle uns bekannten Spitzenarten. In der weiteren Entwicklung des Projekts wurde aber auch auf industrielle Techniken der Spitzenherstellung zurückgegriffen, die ein Trägermaterial voraussetzen.

 

Allgemein bekannt ist die Spitze allerdings nur in ihren klassischen Mustern, die in jahrhundertelangen Traditionen gepflegt wurden. Während ihre potentielle Formvielfalt seit jeher fasziniert, ist die übliche Beschränkung auf regelmäßige und meist florale Muster in der gestalterischen Umsetzung und damit auch in der Wahrnehmung dieser Technik heutzutage jedoch unbefriedigend. Stattdessen wurde nach Wegen gesucht, gestalterische Freiräume zu eröffnen, die abseits ihrer Traditionen liegen und andere Kontexte aufnehmen.

 

Besonders inspirierend für meine weitere Arbeit war das Projekt “Lace Tent“ der japanischen Künstlerin Akiko Sato. Mit der Hilfe von traditionellen Klöpplerinnen aus Lepoglava in Kroatien lässt Sato ein zeltartiges, durchbrochenes Gewebe entstehen. Das zusammenfaltbare und leicht transportierbare Klöppel-Zelt steht metaphorisch für ihre eigene Erfahrung häufiger Ortswechsel und den gleichzeitigen Wunsch nach einem häuslichen Rückzugsraum. Das Klöppelhandwerk gewinnt bei ihr so eine weitere Bedeutungsebene.

 

Entscheidend bei der Entwicklung einer neuen Formensprache war für mich, nicht auf ein beliebiges, zufälliges Verfahren zu setzen, sondern die textile Technik mit einer anderen Ebene in Beziehung zu setzen, die wie eine Widerspiegelung des handwerklichen Prozesses funktionieren kann. Aus verschiedenen Gründen naheliegend erschien dabei die Bewegung von Tänzern, nicht nur, weil sie ebenfalls faszinierende durchbrochene Muster bilden, sondern auch aus der Analogie des Tanzes als gleichermaßen traditionsgebundene und sich erneuernde Ausdrucksform heraus.

 

Einen Zwischenschritt des Projekts stellte deshalb die Aufzeichnung von Tanzbewegungen dar, die als Grundlage der realisierten Spitzen-Muster dienten. In der Arbeit mit Tänzerinnen und Tänzern aus dem Bereich Flamenco, Ballett und zeitgenössischer Tanz wurden eine Reihe Diagramme und Bewegungsmuster generiert. Es entstanden durchbrochene und unabhängige Formen in der Fläche, die sich je nach Tanzstil und Aufzeichnungsverfahren unterscheiden. Bei der kartografischen Aufzeichnung von Flamenco und Ballett wurde ein Druckverfahren angewendet, während der moderne Tanz mithilfe eines „malerischen“ Verfahrens festgehalten wurde.

 

Tanz und Spitze weisen diverse Parallelen auf, die auch bei der Umsetzung in der Stoffgestaltung eine wesentliche Rolle spielen. Die primäre Verbindung liegt in der Bewegung, die für Tanz und Spitze gleichermaßen charakteristisch ist. Das Spannungsverhältnis zwischen den Bewegungen der Tänzer und den Bewegungen bei der Herstellung der Spitze bildete sowohl für die gedankliche wie die praktische Umsetzung eine wichtige Inspiration, auch durch die unterschiedlichen Größenmaßstäbe. Formal führen beide zu durchbrochenen Strukturen, die aus dem Tanz in unterschiedlicher Formgebung in den Stoffentwürfen wiederkehren.

 

Grundsätzlich wird in meiner Arbeit die Beziehung zwischen Körper, Textil und Bewegung thematisiert. Sie bezieht sich auf Formen des Austauschs und der wechselseitigen Einflussnahme, die unbewusst immer wirksam sind, aber selten wahrgenommen werden. Die Stoffe sind unmittelbar Träger gespeicherter Bewegungen, die sich auf der textilen Fläche zu neuen Formen transformieren.

Teilnehmer Stefanie Mittmann
ProjektkategorieDiplom
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